Jürgen Schneider hilft seit 36 Jahren Menschen aus der Sucht
Als Suchtberater hilft Jürgen Schneider Menschen, die etwa alkohol-, drogen- oder medikamentenabhängig sind. Der Sozialpädagoge gibt Süchtigen Hoffnung, die am Tiefpunkt ihres Lebens stehen. Aber auch der 64-Jährige hat von den Betroffenen etwas wichtiges gelernt.
„Es gibt keine Sicherheit auf ein Leben, wie man es sich vorstellt, egal aus welcher sozialen Schicht die Person kommt. Das sehe ich täglich während meiner Arbeit.“ Jürgen Schneider hilft seit 36 Jahren Menschen in der Suchtberatungsstelle der Diakonie Ansbach. Seit 2009 ist der Sozialpädagoge der Leiter der Einrichtung. Zu ihm kommen Menschen mit verschiedenen Süchten. „Von Alkohol, Marihuana, Heroin, Mager- und Spielsucht ist alles vertreten“, so der 64-Jährige. Auch die Altersspanne der Klienten sei mit 14 bis 78 Jahren offen.
Ansbach – eine Drogenhochburg?
Wer denkt, dass Betroffene nur aus dem sozialschwachen Milieu kommen, der irrt. Auch Ärzte und Rechtsanwälte saßen schon im Beratungszimmer des Sozialpädagogen. Ansbach sei aber keinesfalls eine Drogenhochburg, stellt Jürgen Schneider klar, seit Jahren gebe es einen gleichbleibenden Trend. Allerdings kommen immer mehr Menschen zu ihm, die eine Spielsucht haben. Darunter fallen nicht nur Computerspieler, sondern vor allem auch Automatenspieler.
Oftmals seien die Angehörigen des Betroffenen die ersten, die den Kontakt mit dem Suchtberater suchen. Einige Klienten werden auch vom Bezirkskrankenhaus, dem Gericht, der Psychiatrie oder dem Arbeitgeber an die Beratungsstelle der Diakonie verwiesen. Die sozialpädagogische Hilfe kann jedoch nur freiwillig angenommen werden, sie ist zudem kostenlos. Zusätzlich zu der ambulanten Betreuung in der Karolinenstraße 29 gibt es auch die stationäre Behandlung. Jürgen Schneider und seine Kollegen kommen dann beispielsweise ins Krankenhaus, um einen Klienten zu betreuen. So können Süchtige einen Entzug unter ärztlicher Aufsicht im Bezirkskrankenhaus machen und bekommen gleichzeitig psychologische Hilfe.
„Jeder der früh nach Hilfsmöglichkeiten sucht, hat die Chance auf ein suchtfreies Leben“, so Jürgen Schneider. Grundsätzlich lasse sich jedoch nicht sagen, wie viele es wirklich aus der Sucht schaffen. „Manchmal kommen Klienten einmal bei uns vorbei und dann nie wieder. Andere kenne ich seit 30 Jahren, die immer noch kommen. Es gibt es aber auch Klienten, die Jahre später bei mir vorbei schauen und mir mitteilen, dass sie seit 20 Jahren ohne Drogen leben. So etwas macht mich natürlich besonders glücklich.“
Für die Angestellten in der Suchtberatung der Diakonie Ansbach sei eine „gesunde Distanz“ zwischen Beruf und Privatleben wichtig. Die Probleme der Süchtigen dürfe man nicht so nah an sich heranlassen, so Jürgen Schneider. Das ist aber manchmal gar nicht so leicht: „Wenn ich eine Todesanzeige von einem Klienten in der Zeitung lese, von dem ich dachte, er schaffst es, geht das einem schon nahe“, sagt Jürgen Schneider. Zudem sei es deprimierend, dass es sich um einen nie endenden Kreislauf handle. „Es werden ständig neue chemische Drogen auf den Markt gebracht. Das Internet erleichtert zusätzlich die Beschaffung von Drogen, so kann man seine Kräutermischung aus Thailand bequem per Internet bestellen.“
Schneider sieht alle Seiten des Lebens
Ein wichtiger Teil seines Jobs sei es, den Klienten Hoffnung zu geben und Empathie an Stelle von Mittleid zu zeigen. Jürgen Schneider erörtert mit dem Süchtigen die Antwort auf die Frage „Wofür lohnt es sich die Sucht zu beenden, was bekomme ich dafür?“ Besonders schwierig wird es bei denjenigen, die bereits alles verloren haben. Wer nicht in einem sozialen Umfeld integriert sei, arbeitslos und ohne Verantwortung lebe, dem würde es schwer fallen, einen Grund zu finden, nach vorne zu Blicken, so Schneider. „Es gibt auch Klienten, die sterben lieber als etwas zu ändern“, sagt der Sozialpädagoge. „Auf meiner Arbeit bekomme ich mit, wie viele Stolpersteine es geben kann während man sich eigentlich ein gutes Leben aufbauen möchte.“ Gleichzeitig schätze er dies auch an seinem Beruf: „Ich bin eben mit vielen Varianten des Lebens konfrontiert.“
Von Montag bis Donnerstag bietet die Suchtberatung der Diakonie Ansbach von 8 bis 17 Uhr Beratungsgespräche nach Vereinbarung sowie am Freitag von 8 bis 15 Uhr. Zudem können individuelle Termine telefonisch vereinbart werden.