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Symbolbild Ansbach. Foto: Pascal Höfig
Symbolbild Ansbach. Foto: Pascal Höfig

Gastbeitrag: Fetisch, Feminismus und Feilschen

Ein Gastbeitrag von Anonym

Geld verdienen

Jeder hat Dinge im Kleiderschrank, die man ewig nicht getragen hat oder welche nicht mehr gefallen. Möchte man etwas Kleingeld mit diesen Sachen verdienen, bieten sich unter anderem online Möglichkeiten. Eine der bekannten Seiten neben Ebay ist Kleiderkreisel. Hier legt man im eigenen Profil eine Art Katalog an, indem man Artikelbilder hochlädt, Preise festlegt und die Artikel beschreibt. Außerdem gibt es ein Forum, in dem alle möglichen und unmöglichen Themen diskutiert werden. Zur Regulierung der gesamten Plattform gibt es sogenannte Moderatoren.

Komische Gestalten

Seit dem Start 2009 hat sich einiges getan. Unter anderem sind die Moderatoren in der Lage, schneller zu reagieren. Ziemlich direkt nachdem Kleiderkreisel gestartet ist, habe ich mich auch dort angemeldet. Jacken, Shirts, Kleider, Accessoires… So ziemlich alles habe ich ausgemistet und angeboten, abgesehen von Unterwäsche und Co. Schnell habe ich Gefallen daran gefunden und das “Geschäft” lief gut. Allerdings gab es auch ein paar kuriose bis verstörende Kaufanfragen. Auf Kleiderkreisel werden überwiegend bereits getragene Sachen angeboten – wie auf einem Flohmarkt. Nur besteht hier die Möglichkeit, halbwegs anonym aufzutreten bis man als Käufer eine Versandadresse angeben muss. Im Internet tummeln sich mitunter komische Gestalten.

Für 50 € das Gesicht zertreten

Eine der heftigsten Anfragen war auf jeden Fall die eines Nutzers, der sich selbst als Feminist verstand. Er bat mich, ihm mit dreckigen High Heels über das Gesicht zu laufen. Er wollte sich dazu auf möglichst schmutzigen Boden legen und hatte auch keine Sorge um offensichtlich drohende Schäden. Dafür bot er mir 50 € an. Allerdings blieb mir nicht mal die Zeit mich groß über das Ganze zu wundern. Er war kurz nach seiner Anfrage gesperrt worden. Für damalige Verhältnisse erstaunlich, das heißt er hatte vermutlich gleich mehrere NutzerInnen angeschrieben. Ziel der ganzen geplanten Aktion war es, seine große Wertschätzung und Demut gegenüber dem weiblichen Geschlecht auszudrücken. Ach so.

Wenn Füße, dann richtig

Persönlich kann ich Füßen wenig bis gar nichts abgewinnen. Füße sind notwendig, aber nicht schön. Das sehen viele der Nutzer von Kleiderkreisel offensichtlich anders. Mehrere Male habe ich Anfragen erhalten, ob ich ausgetretene Ballerinas übrig habe. Meine Antwort lautete immer schlichtweg “Nein.”. Mitunter wurden solche Nutzer auch kreativ. Einer versteckte sich unter dem Deckmantel der Kunst. Er bräuchte schwarze, alte und möglichst zerlaufene Ballerinas für ein Theaterstück. Ich antwortete ihm, dass er auch einfach hätte sagen können, was Sache ist. Er war ganz erschrocken und flehte mich an, ihn nicht zu melden. Das tat ich auch nicht, denn generell ist es mir ziemlich egal, dass manche auf bestimmte Körperteile stehen. Ich möchte so oder so nicht wissen was mit den von mir verkauften Kleidungsstücken passiert.

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“Würg Dich!”

In den meisten Fällen habe ich eher Mitleid gehabt für Menschen, die im Internet heimlich Dinge wie ausgetragene Schuhe kaufen müssen. Allerdings ging es mir einmal auch wirklich zu weit. Ein Nutzer hatte bereits ein Halstuch (für Frauen) aus meinem Katalog erworben. Das lief ohne Probleme. Wichtig ist auch, dass ich zunächst dachte er wäre eine Frau. Jedenfalls besaß ich das gleiche Tuch noch in einer anderen Farbe. Dafür interessierte er sich auch, wollte aber für dieses auf einmal Tragebilder. Generell habe ich bei solchen Bildern darauf geachtet, dass man meine Umgebung und mich so wenig wie möglich erkennt. Also fotografierte ich lediglich meinen Hals und das Tuch darum, ohne Gesicht und natürlich ohne Ausschnitt. Das reichte dem potenziellen Käufer allerdings nicht. Er fragte nach anderen Tragweisen und legte Wert darauf, dass ich das Tuch eng um den Hals binden sollte – er stand auf Würgen. Als ich das realisierte, überkam mich doch einmal der Ekel und ich brach den Kontakt direkt ab.

Satin, Latex, Hauptsache eng

Nett und trotzdem irgendwie schräg – so könnte man den beschreiben, der gerne enge und glatte Materialien trug. Er kaufte eine Schlafanzughose aus Satin und eine Leggings. Danach erzählte er mir ein wenig aus seinem Leben. Dadurch erfuhr ich auch erst von seiner Vorliebe. Wie gesagt war er ganz nett, außerdem hat er keinem was getan. Anscheinend haben das allerdings nicht alle so gesehen – kurz darauf war er gesperrt.

Anmerkung der Redaktion

Gastbeiträge geben nicht automatisch die Meinung der Redaktion wieder. Sie sollen zur Debatte anregen – so wie auch jeder gute Kommentar auf Facebook. Wir geben deshalb allen unseren Lesern die Chance, ihre Meinung bei uns zu veröffentlichen und diese diskutieren zu lassen. Wir freuen uns über Gastbeiträge zu allen Themen an: redaktion@ansbachplus.de

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