DITIB Gemeinde Ansbach e.V. verurteilt Anschlag vehement
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (türkisch: Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DITIB) ist als bundesweiter Dachverband für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der angeschlossenen türkisch-islamischen Moscheegemeinden zuständig. Die DITIB bietet sowohl religiöse, als auch soziale, kulturelle, sportliche und Bildungsaktivitäten an. Im Interview steht uns Cetin Yazici, der erste Vorsitzende der DITIB, Rede und Antwort.
Ansbach Plus: Wie stehen Sie zu dem Terroranschlag in Ansbach am Sonntagabend?
Cetin Yazici: Wenn man einen Menschen tötet, ist das als würde man die gesamte Menschheit töten, sagt unser Prophet. In diesem Sinne sind wir, die gesamte muslimische Gemeinde, und jeder logisch denkende Muslim vehement gegen solche Attacken. Sie sind von der religiösen Seite her zu verdammen.
Wie reagiert die muslimische Gemeinte auf das Attentat?
Wir empfinden große Unzufriedenheit und auch Hass gegen denjenigen, der das gemacht hat. Durch solche Aktionen sehen sich die Muslime beziehungsweise alle Ausländer gezwungen sich zu verteidigen zu müssen. Obwohl das eigentlich nicht nötig sein sollte. Die Gemeinde hat die Geschehnisse der Nacht live mit verfolgt. Es besteht ein gewisser Unmut, dass man überhaupt ein Statement von islamischer Seite her braucht. Auch wenn es natürlich sehr sinnvoll ist diese Statements zu machen, damit man verdeutlichen kann: ‚Wir haben wirklich nichts mit diesen Leuten zu tun und das sind absolute Ausnahmen!‘
Möchte die islamische Gemeinde nach den Geschehnissen mehr über den Islam aufklären?
Die islamische Gemeinde hat schon Probleme es den eigenen Leuten korrekt zu erklären. Wenn die Aufklärung richtig geschehen würde, dann würde es diese Kriege und Anschläge nicht geben. Natürlichen machen auch wir hier PR-Arbeit, aber die Problematik ist dabei Angebot und Nachfrage. Wir bieten das teilweise an, aber es muss auch von der anderen Seite Interesse bestehen. Am dritten Oktober ist auch bundesweit Tag der offenen Moschee. Teilweise wissen die Leute das gar nicht oder man redet aneinander vorbei. Oft haben die Menschen auch ein falsches Bild von unserer Religion. Für sie ist Islam gleich Terrorismus, weil es eben teilweise so lanciert wird. Es werden ebenso Führungen angeboten, die auch wirklich genutzt werden. Aber wir hier als kleine Gemeinde haben nicht so viele Möglichkeiten. Und auf der einen Seite besteht leider auch ein gewisses Desinteresse. Aber auf der anderen Seite können wir das vielleicht nicht so gut vermitteln. Man muss da natürlich auch Eigenkritik üben.
Wie reagieren Sie auf Menschen die Muslime und Islamisten über einen Kamm scheren?
Es ist natürlich eine ungünstige Situation und auch unbequem für uns, wenn Leute – nennen wir es Vorurteile – haben. Man kann auch nicht direkt böse auf die Leute sein. Der wichtigste Punkt ist, dass wir jetzt keinen Hass oder eine Abneigung solchen Leuten gegenüber empfinden. Wir sagen uns stattdessen, dass derzeit sehr viele Fehlinformation und Vorurteile kursieren. Der Mensch ist dafür bekannt: ‚Wenn er etwas nicht kennt hat er automatisch Angst davor.‘ Allgemein wird der Islam als sehr aggressive Religion dargestellt, obwohl das nicht stimmt. Das stellt man auch fest, wenn man sich genauer informiert. Wir versuchen unter anderem durch PR-Arbeit die größten Vorurteile haltlos zu machen und uns so zu verhalten, dass Freunde und Bekannte sehen: ‚So schlimm ist das ja gar nicht, dass der gute Mann Moslem ist.‘
War Ihnen der Attentäter hier in der Gemeinde bekannt?
In vielerlei Hinsicht hat die Gemeinde hier mit Flüchtlingen zu tun. Das ANkommen Projekt der Stadt beinhaltet ein Modul das zeigen soll, dass fremde Religionen gemeinsam hier zusammen leben. Da hilft die Moschee auch dazu. Außerdem gab es hier während des Ramadans jeden Tag das klassische Fastenbrechen. Circa 85 Prozent der Leute, die hier gegessen haben, waren Flüchtlinge. Es ist sehr schwierig eine einzelne Person aus der Masse herauszuholen, wenn dieser nicht direkt auffällt. Schließlich essen teilweise 200 Leute hier . Auch an den Freitagsgebeten füllt sich die Moschee mehrheitlich mit Flüchtlingen. Uns ist er nicht aufgefallen. Der Dachverband Nordbayern der DITIB hat beispielsweise ein Projekt, wo sich Leute nur um die Probleme der Flüchtlinge kümmern.
Wie stehen Sie prinzipiell zur Flüchtlingskrise?
Es ist ein sehr weitreichendes Thema. Was wichtig ist, ist die gegenseitige Empathie. Ich habe mir die Geschichten von ein paar Flüchtlingen angehört und es ist wirklich so, dass sie mit Gummiboten über Griechenland kommen. Manche sind Monate lang nach Deutschland gelaufen. Wenn man das in der heutigen Zeit hört, möchte man es gar nicht glauben. Eine Mutter oder ein Vater mit Familie hat die Wahl zwischen gehen oder sterben. Da ist es verständlich, dass sie die schwere Entscheidung getroffen haben ihr Land zu verlassen. Auch wenn sie nur den Hauch einer Überlebenschance hatten. Wir reden uns da natürlich leicht: ‚Wieso kommt ihr jetzt zu uns? Warum seid ihr so viele?‘ Leider steigt erst durch die Terroranschläge unser Verständnis, wie sich die Leute dort fühlen. Hier das jetzt nur mit einem Menschen passiert, aber dort haben sie so etwas jede Stunde. Die Menschen gehen morgens aus dem Haus und wissen nicht, ob sie wieder zurück kommen können. Deshalb muss man versuchen sich in die Leute hineinzuversetzen und etwas Geduld mitbringen. So entwickelt sich langsam aber sicher Verständnis. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Das ist nie einfach, wenn verschiedene Nationalitäten und Kulturen zusammen kommen.